MZ-Artikel: Benedikt XVI. zum 90. Geburtstag

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Von Gabi Hueber-Lutz, MZ
Auszug aus der MZ vom 18.04.2017


Wenn ein Ehrenbürger 90. Geburtstag hat, feiert ihn selbstverständlich auch seine Gemeinde. Erst recht, wenn dieser Ehrenbürger kein Geringerer ist, als der emeritierte Papst Benedikt XIV. Pentling, die Stadtrandgemeinde, in der Joseph Ratzinger viele Jahre lebte, hat seit jeher ein enges, herzliches Verhältnis zu seinem Mitbürger gepflegt. Auch in Zeiten, zu denen der noch nicht so berühmt war. Und Pentling hat ganz bewusst darauf verzichtet, eine wie auch immer geartete Vermarktung loszutreten, als aus Joseph Ratzinger am 19. April 2005 Benedikt XIV. wurde.

So verwundert es auch nicht, dass Pentlings Bürgermeisterin Barbara Wilhelm eine von insgesamt 35 Gästen war, die zu einem Empfang des emeritierten Papstes anlässlich seines Geburtstags geladen war. Ministerpräsident Horst Seehofer stand übrigens auch auf der Gästeliste.

In der Oberpfälzer Heimat fiel zweitem Bürgermeister Sebastian Hopfensperger deshalb beim Festakt am Ostermontag die Aufgabe zu, die Bedeutung Joseph Ratzingers für Pentling herauszuarbeiten. Er tat das ganz im Sinne der Pentlinger Linie mit vielen liebevollen Erinnerungen an den Menschen, an den Mitbürger. Dabei hob er den wohl wichtigsten Satz für die Gemeinde hervor: "So ist Pentling für mich im tiefsten Sinn ein Daheim" hatte Benedikt XVI. im Jahr 2005 geschrieben. Ein Satz, der zeigt, dass die Verbundenheit, die die Pentlinger spüren, nicht einseitig ist. Die schön kalligraphierte Form dieses Satzes zeigte Hopfensperger bei einer späteren Audienz dem Heiligen Vater und bat ihm, sie zu signieren. Benedikt habe keine Sekunde gezögert und gesagt: "Das kann ich den Pentlingern selbstverständlich gerne unterschreiben".

Für den Festakt fertigte die Gemeinde eine Karte mit diesem wichtigen Satz und der päpstlichen Unterschrift. Jeder Besucher durfte eine mitnehmen. Hopfensperger erinnerte an herausragende Ereignisse, wie die Glockenweihe im Jahr 1994, als Joseph Ratzinger zwei Glocken der Kirche St. Johannes weihte, jener Kirche, die heute die Papstkirche ist. Groß war auch die Verbundenheit mit der Pentlinger Feuerwehr.

Eigentlich hatte der Kardinal ja vorgehabt, die Pentlinger Wehr bei ihrem Gründungsfest im Jahr 2005 zu besuchen. Aber das war vor dem besagten 19. April. Die Festrede hielt Prof. Dr. Wolfgang Beinert, selbst ein Pentlinger und langjähriger Weggefährte des früheren Papstes. Die Geschichte werde einst verorten, wo einer zu seiner Zeit gestanden habe, sagte Beinert. Diverse Puzzlesteine könne man aber jetzt schon zusammenstellen und die ergäben dann in etwa ein Bild. Einige dieser Puzzlesteine, die zu Benedikt führen, nannte Beinert: In dem Haus in Pentling seien zum Beispiel Schriften Ratzingers entstanden, die erheblich das theologische Denken geformt hätten. Wohl kein Theologe des 20. Jahrhunderts habe ein qualitativ und quantitativ ähnlich umfassendes Werk geschaffen wie er. Kennzeichnend für ihn sei auch eine demütige Spiritualität, getragen von bayerischer Frömmigkeit. Und mit seinem Rücktritt habe er ein mutiges Zeichen gesetzt, dessen ganze Auswirkungen sich wohl erst später zeigen würden.

Viele Besucher nahmen nach dem Festgottesdienst die Gelegenheit wahr, im benachbarten Kindergarten die Stellwände mit den Fotos zu betrachten, die Benedikt XVI. mit Pentling in Verbindung bringen.

Zum Teil sehr persönliche Erinnerungen verknüpften etliche Bürger auch mit dem J. Ratzinger-Gangl. Gemeint ist der kleine Weg vom Haus der Ratzinger-Brüder Richtung Kirche und Friedhof Ziegetsdorf. Dorthin waren die verstorbenen Eltern der Geschwister Ratzinger umgebettet worden. Oft sei der damalige Professor das Wegerl gegangen. Immer habe er freundlich gegrüßt, nie habe man ihn "z`wieder" gesehen, erzählte ein Anwohner, und andere trugen ihre Erinnerungen an kleine Begebenheiten zu dem Gespräch bei. Zum Beispiel die, dass Ratzinger Angebote, ihm mit dem Auto mitzunehmen, immer abgelehnt habe.

Interessiert blätterten die Leute auch in dem Bildband über ihren prominenten Mitbürger. Dazu spielten die Hanslberger Musikanten Bodenständig-Bayerisches. Der Chor, der beim Festgottesdienst unter der Leitung von Wolfgang Mönch Mozarts Missa brevis in D-Dur intoniert hatte, nahm nach dem großen Gruppen-Geburtstagsbild nochmal Aufstellung. "An hellen Tagen …" schallte es durch den Kindergarten. Und fast schien es, als blicke Benedikt den Sängern dabei über die Schultern. Denn die Statue des Papstes, die aus dem Holz der Linder beim "Alten Tor" gefertigt worden war, stand hinter dem Chor und lächle auf ihn herab.

Quelle: http://www.mittelbayerische.de/nachrichten/oberpfalz-bayern