Predigt in Castel Gandolfo

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Predigt von Papst Benedikt XVI. in Castel Gandolfo
für die Pilger aus Pentling

am Fest Mariä Geburt (8. 9. 2005)

Mi 5, 2 - 5
Ps 86
Mt 1, 1 - 16. 18 - 23

Liebe Schwestern und Brüder!

Die Heiligen sind sozusagen das große Bilderbuch Gottes, an dem wir sehen können, wie das Wort Gottes Frucht trägt, wie es in menschliches Leben in den verschiedenen Zeiten übersetzt wird. Zugleich tritt auf diese Weise immer wieder Neues vom Wort Gottes in Erscheinung, das wir vorher nicht ahnen konnten und das erst in den Herausforderungen einer Zeit durch ein mit dem Herrn und mit dem Wort Gottes gelebtes Leben Wirklichkeit werden kann.

Foto: Servizio Fotografico de "L'O.R."
Wenn man auf den Heiligenkalender der Kirche hinschaut, kann man etwas Auffälliges sehen: Es werden keine Geburtstage gefeiert, sondern die Sterbetage.

Man fragt sich: warum eigentlich? Nun, jeder Geburtstag ist ein Tag der Freude, denn jeder neue Mensch in dieser Welt ist auch eine neue Hoffnung. Von ihm können neue Kräfte des Guten, neue Kreativität in diese Welt hereintreten und helfen, daß sie zum Besseren entwickelt wird.
Aber weil wir in einer Welt leben, die von der Erbsünde gezeichnet ist, steht über jedem Geburtstag bei aller Freude doch auch ein Fragezeichen:
Es ist noch nicht gewiß, ob dieses Leben Segen sein wird oder Verhängnis.

Erst am Ende des Lebens, erst in der Stunde des Todes ist entschieden, ob dies Leben Segen war, dessen wir dankbar und froh sein dürfen, oder ob es Verhängnis wurde, für das wir um Vergebung bitten müssen. Deshalb begeht die Kirche den Todestag als den Tag, an dem das Leben erst in seine endgültige Gestalt eingetreten ist, endgültig sichtbar wurde, daß dies Leben Segen gewesen ist.

Aber es gibt drei Ausnahmen: Drei Geburtstage feiert die Kirche. Zunächst natürlich den Geburtstag Jesu selbst, Weihnachten. Denn Jesus ist ja der neue Anfang, der neue Adam, wie der heilige Paulus ihn nennt, der neue Mensch, der vom Himmel, von Gott her kommt und in dieser Welt einen neuen Beginn setzt, der ohne Dunkel ist, der Durchbruch des Guten in dieser Welt, dessen wir uns einfach freuen können. Jesus ist, wie Johannes sagt, der, der vom Himmel herabgestiegen ist. Aber er ist nicht vom Himmel sozusagen herabgefallen, sondern er ist doch in der Erde verwurzelt, hat Erde angenommen, ist gleichsam auch aus der Erde, aus heiliger Erde gebildet worden.

Zwei Menschen gehen ihm voraus und öffnen ihm unmittelbar die Tür, und sie sind nicht vom Verhängnis gezeichnet: Johannes der Täufer und eben die Muttergottes. Von Johannes dem Täufer gilt das Prophetenwort: Schon vom Mutterschoß an habe ich dich berufen und geheiligt (vgl. Jer 1, 5). Das ist bei Johannes ganz augenfällig in der Begegnung der beiden Mütter, die ihre Kinder im Schoß tragen und so sich begegnen. Der heilige Lukas erzählt uns, wie Johannes im Mutterleib tanzt vor Freude, als Maria herzutritt (vgl. Lk 1, 41), gleichsam wie David vor der Lade tanzte, in der er Gottes Gegenwart wußte. Noch unbewußt hüpft vor Freude der Täufer. Das Licht Jesu Christi, dem er ganz zugeordnet ist, hat ihn berührt. Vom Mutterschoß an steht er in diesem Licht, ist dazu da, ihm die Tür aufzutun mit seinem Wort, mit seinem Werk, mit seinem Leiden.

Aber da Jesus nicht nur Wort und Werk und Leiden ist, sondern in der Ganzheit seines Seins, seiner Existenz, seiner Person "Gott-mit-uns" ist, darum braucht es nicht nur jemand, der ihm durch Wort, Verkündigung, Taten, Leiden die Tür öffnete, sondern jemand, der mit seinem ganzen Sein Tür für ihn ist. Und das ist Maria, die mit ihrem lebendigen Fleisch, mit ihrer ganzen Existenz, Leib und Seele, Tür für ihn wird - Morgenröte, sagen die Väter, in der sich die Sonne ankündigt und aufgeht. Sie denken dabei an den Psalm 19, der den Gang der Sonne über die Erde beschreibt; darin steht das Wort: "Du hast der Sonne ein Zelt gebaut" (vgl. Ps 19, 5). Maria ist dieses Zelt, von dem die Sonne ausgeht und darum von Anfang an leuchtend mit dem Glanz Christi. Ein Geburtstag, der reine Freude ist, den wir heute wieder wie jedes Jahr mit dieser Freude begehen, daß Gott einen solchen Menschen gefunden hat und daß durch ihn, durch einen Menschen Gott selbst Mensch werden konnte.

Wenn man dies sieht, dann werden von da aus auch die vielleicht ein wenig schwierig erscheinenden Lesungen verständlich, die wir gerade gehört haben. Zunächst die Lesung, die aus dem Propheten Micha genommen ist. Micha war ein Zeitgenosse von Jesaja, hat also im 8. Jahrhundert vor Christus geredet und geschrieben - in einer sehr schweren Zeit, in der die Großmacht Assyrien sich anschickte, Israel zu zertrampeln und in die Verbannung zu schicken. Micha sieht das Unheil hereinbrechen, das Israel zerstören wird. Aber er sieht durch den Augenblick des Untergangs hindurch auf den neuen David hin, den endgültigen Nachkommen Davids, der die Verheißung des Königtums einlösen wird. Er sieht auf Jesus hin. Er kündigt den endgültigen David an, dessen Reich nicht mehr ein nationales Reich sein wird, ein Reich Israel, wie groß auch immer. Nein, es wird ein Reich ohne Grenzen sein, das heißt, es wird die Menschheit vereinen. Durch seine Liebe, durch sein Wort, durch sein Opfer schafft der neue David - Jesus - ein Reich ohne äußere Macht, nur mit der inneren Macht des Glaubens, Hoffens und Liebens, das die ganze Welt umspannt. "Er wird der Friede sein", sagt der Prophet über ihn (Mi 5, 4).

Es ist beeindruckend und stimmt nachdenklich, daß der Prophet dabei der Mutter ein besonderes Gewicht einräumt. Er spricht von der Gebärenden, die diesen Sohn gebären wird. So wird sie zusammen mit diesem endgültigen König zu einer Erwartungsgestalt der Menschheit: die reine Mutter, die Frau, die uns den schenkt, der der Friede in Person ist. Dabei können wir vielleicht daran denken, daß Bethlehem Haus des Brotes heißt und so für uns geheimnisvoll auf das Brot hindeutet, das Christus ist. Und dann dürfen wir dabei auch mitdenken, daß Maria selbst dieses Bethlehem, das lebendige Haus des Brotes ist, in dem er wohnt, von dem er kommt, durch das hindurch er uns immer wieder sich selbst als das lebendige Brot schenkt.

Schauen wir nun auf das Evangelium. Der Stammbaum Jesu, den wir da gehört haben, erscheint zunächst ein bißchen langweilig. Man fragt sich: wozu denn diese ganzen Namen? Es ist eine sehr subtile Konstruktion, die auszulegen jetzt die Zeit fehlt. Ich möchte nur auf einen einzigen Punkt hinweisen. Dies ist an sich ein Stammbaum der Väter, der bis zu Josef hingeht. Aber in diesen Stammbaum der Männer, der Väter, sind auch einige wenige Frauen, Mütter eingeflochten. Und es müssen wohl besondere Frau-en, besondere Mütter sein, wenn der Evangelist sie in diesen Stammbaum der Davidserben hineinverflicht. Was ist das Besondere an ihnen? Die gängige Antwort lautet - aber sie stimmt nicht ganz - es seien lauter Sünderinnen gewesen, und damit deute Matthäus an, daß letzten Endes das Heil nicht aus unserer Größe und Macht, sondern aus der gütigen Vergebung der schenkenden Güte Gottes kommt. Dies freilich ist richtig. Zweifellos wird da sichtbar: Am Schluß kommt das Heil nicht von tüchtigen Männern, sondern es kommt durch die Güte Gottes in die Welt, nicht von der Macht, sondern von der Liebe. Aber genauer als der Hinweis auf die Sünderinnen ist die Antwort, daß alle diese vier Frauen keine Israelitinnen waren. Es waren alle Auswärtige, "Heiden".

Mitten in dem Davidsstammbaum sind diese Mütter an wichtigen Stellen sozusagen die Gelenke. Damit wird sichtbar, was ja auch Micha gesagt hatte, daß dieser künftige Herrscher Davidssohn sein wird, aber vor allem auch, daß er für alle da sein und den Frieden über die ganze Welt hin schaffen wird. In den Müttern wird dieses universale Element sichtbar; in ihnen kündigt sich die Kirche der Heiden, die Kirche an, die Heiden und Juden, alle Menschen umfassen wird, die bereit sind, Gottes Wort anzunehmen. Und so ist die besondere Botschaft dieser Mütter zum einen Gnade: Liebe ist mehr als Macht; zum anderen Universalität: Sie verweisen auf die Kirche aus allen Völkern; sie verweisen auf Christus, der der Friede ist. In diesem Sinn führen die Mütter hin auf das Ende des Stammbaums, das sehr überraschend ist. Denn da hören wir die Namen all der Männer aus dem Hause David, aber am Schluß stammt Jesus, wie uns Matthäus deutlich sagt, gar nicht von Josef und damit von diesen Männern ab: Am Schluß steht nicht "Josef war der Vater von", sondern: "Josef war der Mann Marias, die die Mutter Jesu war" (vgl. Mt 1, 16). Am Ende sind es nicht diese Männer, von denen Jesus kommt. Er ist ein neuer Anfang. Gott selbst ist Jesu Vater durch die Jungfrau Maria, die Mutter Gottes werden darf. Die Väter, die im Stammbaum genannt werden, haben durchaus eine Funktion. Sie geben sozusagen den rechtlichen Ort an, an den Jesus hingehört. Sie sagen uns, daß Jesus der rechtmäßige Erbe des davidischen Königtums ist - aber sie werden auch beiseite geschoben. Der wirkliche Vater ist nur Gott, und Maria ist die Mutter durch die Kraft des Heiligen Geis-tes. Sie ist es, die durch ihr Ja ihm die Tür aufgetan und die uns Jesus geschenkt hat.

Von da verstehen wir dann zuletzt noch die beiden Namen, die im Evangelium Jesus gegeben werden. Da ist zunächst der Name Jesus selbst, der Hebräisch Jehoschua heißt und den Namen Jahwe, den Gottesnamen vom Sinai verlängert. Jahwe heißt, so legt es die Schrift aus, "der der ist", der da ist. Nun wird gesagt: Er ist der, der Heil ist. Erst jetzt spricht Gott seinen Namen zu Ende. Er ist nicht nur da, er ist das Heil für uns. In Jesus ist er es geworden, in Jesus ist "Gott mit uns" (der zweite Name: Emmanuel). Und er ist es, weil Maria ja dazu gesagt hat. So soll dies einfach ein Tag der Freude sein, nicht nur weil wir uns hier in Castel Gandolfo sehen dürfen, sondern ein Tag der Freude darüber, daß Gott wirklich in die Welt hereingetreten und für jeden von uns zugänglich ist, eine Ermutigung, uns dem Programm Marias anzuvertrauen, die ihr ganzes Leben in dem einen Wort zusammengefaßt hat "Nach deinem Wort geschehe mir" (vgl. Lk 1, 38). Vertrauen wir uns dem Wort und Willen Gottes an, dann wissen wir zwar durchaus, daß unser Leben mühsam werden kann. Marias Leben war - menschlich gesprochen - schwer. Aber es war gut selig von Gott her und auf ihn hin. So kann auch unser Leben Mühsal bringen, aber wenn wir nach ihrem Leitwort leben, wissen wir, daß das Leben gut wird, nicht nur für uns selber, sondern eine Quelle des Guten auch für die anderen.

Vedo adesso che c'è anche un Sindaco italiano. Benvenuta! Non vorrei ripetere adesso la mia omelia. Sarebbe troppo lunga. Ma sono contento vedere che Pentling è in connesso con l'Italia ed è aperto per l'Europa.
Et me semble que aussi la France est présente. C'est un joie de voir que vous êtes réellement européens, que nous sommes unis dans les grandes valeurs chrétiens et unis dans notre foi, dans notre joie sur la rédemption que le Seigneur nous a donné en Jésus Christ.