Ansprache von Papst Benedikt XVI. in der Sonderaudienz für die Pentlinger Pilger

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"Lieber Herr Bürgermeister,
lieber Professor Beinert,
lieber Herr Pfarrer Wohlgut,
lieber Herr Pfarrer Giehrl,
und alle lieben Pentlinger!

Ich habe keine Rede vorbereitet und kann daher nur einfach Danke sagen für die Gaben, die Sie mir geschenkt haben und vor allen Dingen natürlich für die Gabe, daß Sie selber da sind. Ich bin ja, wie schon gesagt wurde, Bürger von Pentling und habe dort immer noch einen Wohnsitz. Und so bin ich dort immer noch zu Hause.

Es sind jetzt 36 Jahre, daß ich Pentling kennengelernt und dort Wohnung genommen habe. Ich hatte im Sommer 1969 den Ruf an die Universität Regensburg angenommen; dann hat mir der damalige Domkapitular Hägelsperger das Grundstück gezeigt, das ich erwerben konnte und auf dem seit 1970 mein Haus steht. Zunächst habe ich noch unten im Dorf gewohnt; es war eine sehr schöne Zeit; Frau Hopfensperger und ihre Söhne erinnern sich daran. Es war noch ein ländliches Pentling, in dem die Landwirtschaft dominierte und etwas von der herzlichen Einfachheit eines alten bayerischen Dorfes lebendig war. Dann sind wir Universitarier allmählich hereingetreten, und Pentling hat eine neue Gestalt angenommen, ohne doch seine Herzlichkeit und seine Wärme zu verlieren.
Damals wohnte ein Engländer, ein Englisch-Lektor der Universität, in Pentling - ich habe leider den Namen vergessen - der in Englisch einen Hymnus auf Pentling gedichtet und komponiert und unter anderem auch noch die Misthäufen besungen hat, weil ihm gerade dieses Ländliche so sehr gefiel.

Ja, so habe ich zunächst ein Jahr im Dorf unten gewohnt und an seinem Leben teilnehmen können. Die Schule war noch Schule; es war noch ein sehr guter Lehrer da, der auch die Schreibarbeiten der Gemeinde weitgehend erledigt hat. Die Zuweisung eines Straßennamens geschah noch auf sehr archaische Weise. Ich brauchte eine Adresse und habe dem Bürgermeister gesagt, daß die Straße, in der mein neues Haus stehe, einen Namen bräuchte. Dann hat er gesagt: "Wir haben nächste Woche Sitzung. Kommen Sie nach der Sitzung wieder, in der wir einen Namen beschließen werden." So kam ich nach der Sitzung; etwas verlegen hat er da gesagt: "Ach, jetzt hab ich das vergessen." Darauf hat er den Lehrer angesehen und gesagt: "Sagen wir, das heißt Bergstraße." So ist die Bergstraße zu ihrem Namen gekommen.

Im November 1970 konnte ich dort einziehen und habe dann bis zu meiner Ernennung zum Erzbischof von München, d.h. bis Mai 1977 dort sehr glückliche Jahre verbracht mit vielen schönen Erinnerungen. Seitdem habe ich meine Urlaube dort verbringen dürfen: Allerseelen, Weihnachten und meist den August. Urlaube sind ja besonders glückliche Zeiten, wo man frei ist von dem Joch des Alltags, so daß dadurch natürlich die Erinnerungen an Pentling noch schöner, noch freudiger geworden sind und die Nostalgie, die Sie angesprochen haben, durchaus auftreten kann. Irgendwie habe ich die vermessene Hoffnung, daß vielleicht, wenn es mir der liebe Gott gewährt, nächstes Jahr Regensburg besuchen zu dürfen, auch ein paar Minuten für Pentling und für mein Häusle, wie ich zu sagen pflege, drin sein könnten. Ja, und so ist eben Pentling für mich im tiefsten Sinn ein Daheim. Ich habe auch sehr gute Nachbarn gefunden, das Ehepaar Hofbauer, das zusammen mit Chico, dem Kater, und mit Ingo, dem Hund, das Haus treulichst bewacht und belebt. Auch der befreundete Kollege Professor Richardi wohnt mit seiner Familie da. Wolfgang Beinert war zunächst als Assistent bei mir und war so damals schon Pentlinger. Dann war er droben in Großberg in dem Priesterhaus und wurde anschließend Professor in Bochum, bis er auf den Lehrstuhl in Regensburg berufen wurde. Seitdem ist er ein richtig eingesessener Pentlinger geworden.

Gern hätte ich an der großen Jubiläumsfeier in Großberg teilgenommen. In der Dorfchronik habe ich gelesen, wie seinerzeit die Römer diesen Landstrich, damit er militärisch übersichtlich wurde, aller Vegitation beraubt haben, so daß der ganze Raum jahrhundertelang als unfruchtbares Land dagestanden ist, als Folge der römischen Sicherheitspolitik. Und ich habe gelesen, wie dann nach Napoleon die Besiedelung begann und freilich alles ungeheuer ärmlich war, bis in unseren Tagen ein blühendes Gemeinwesen entstanden ist. Ich kann mich noch sehr gut erinnern, wie damals die Schule in Großberg gebaut wurde. Die durfte man ansehen; mit meiner Schwester habe ich sie besucht. Sie kam mir so schön vor, daß ich mir dachte, eigentlich wäre es schön, da drinnen Religionsunterricht zu halten. Aber das war nicht meine Bestimmung.

Nun, auf jeden Fall danke ich ganz herzlich, dass Sie, liebe Pentlinger, hier nach Castel Gandolfo gekommen sind. Professor Beinert hat mir erzählt, dass es etwas schwer war, vom Himmel auf die Erde zu kommen, weil wir in Rom derzeit mit Gewittern ausführlichst bedacht werden, während nördlich der Alpen die schönsten Sommertage sind, wie mir mein Bruder erzählt. Aber das gönnen wir Ihnen auch, und umgekehrt braucht dieses Land hier nach langen, dürren Monaten sein Wasser, auch wenn es etwas zu stürmisch herunter kommt.

Ja, was ich an geistlichen Dingen sagen möchte, habe ich in der Homilie vorhin auszudrücken versucht. Ich sage Vergelt's Gott für den Besuch, sage Vergelt's Gott für die Geschenke und wünsche Pentling, der Großgemeinde Pentling, die es inzwischen geworden ist, mit all ihren Ortsteilen ein inneres Zusammenwachsen. Aber das ist, glaube ich, schon gelungen. Am Anfang war es noch nicht ganz so einfach, daß da Orte ganz verschiedener Herkunft nun plötzlich ein politisches Gesamtwesen bilden sollten. Aber es war wohl doch der richtige Entscheid, wenn auch viele damals dachten, es wäre vernünftiger, Pentling der Stadt einzugemeinden. Inzwischen wissen wir: Wir leben gemütlicher als Gemeinde Pentling.
Herzlichen Dank nochmals und Gottes Segen Ihnen allen."

(Castel Gandolfo, 8. 9. 2005)